Resiliente Führung heißt Gesundheit fördern
Liebe Leserinnen und Leser,
zu Beginn dieses Blogbeitrags möchten wir mit Ihnen einen exemplarischen Dialog belauschen, der sich in vielen verschiedenen Organisationen immer wieder abspielt. Stellen Sie sich vor, es ist ein ganz gewöhnlicher Arbeitstag. Sie warten mit zwei fiktiven Kollegen, Frau Widder und Herrn Krebs, auf den Aufzug. Beide sind Führungskräfte in unterschiedlichen Teams. Frau Widder zeichnet sich durch Ambition und Gewissenhaftigkeit aus, wodurch sie schon in jungen Jahren einiges bewegen konnte. Herr Krebs sieht Herausforderungen eher gelassenen entgegen und verlässt sich auf seine langjährige Arbeitserfahrung. Es entspinnt sich die folgende, kurze Unterhaltung:
„Guten Morgen, Frau Widder. Wie geht es mit Ihrem Projekt voran?“
„Guten Morgen! Wir machen große Fortschritte. Das Team strengt sich mächtig an, das macht dem einen oder anderen natürlich zu schaffen. Doch am Ende kann sich unser Ergebnis sehen lassen. Und bei Ihnen?
„Es läuft ganz passabel. Was wir umsetzen können, das setzen wir um. Aber wegen so einer ambitionierten Planung fange ich nicht an, meine Leute zu verheizen.“
„Aber wollen Sie denn nicht das bestmögliche Ergebnis erreichen? Der Kunde ist doch wichtig für Sie. Das wäre mir die ein oder andere Überstunde schon wert.“
„Natürlich. Aber würden Sie die Gesundheit Ihres Teams dafür riskieren? Die Zusammenarbeit ist doch ein Marathon, kein Sprint.“
„Naja, da wünsche ich Ihnen für Ihre Zielerreichung alles Gute.“
„Ich Ihnen auch – aber vor allem Ihren Mitarbeitenden.“
Was denken Sie, wenn Sie beide Positionen anhören? Hätten Sie das Bedürfnis, einer Seite beizupflichten? Oder würden Sie gerne moderieren und einen Kompromiss vorschlagen?
In diesem Blogbeitrag möchten wir gemeinsam mit Ihnen das Thema des resilienten Führungsverhaltens erkunden, indem wir die Gesundheits- und Resilienzförderung auf drei Ebenen betrachten: der Mikroebene des Individuums, der Mesoebene von Teams und der Makroebene der Organisation. |
Führung ist bekanntermaßen ein Balanceakt, ein Spannungsfeld, manchmal sogar ein Dilemma (Gebert, 2002). Verschiedene Werte scheinen sich auf den ersten Blick einfach nicht zu vertragen. Ein Beispiel: Sicherheit und Orientierung durch feste, planbare Prozessabläufe stehen in einem Spannungsfeld mit Anpassungsfähigkeit und Flexibilität durch dynamische, sich verändernde Muster. Wie steht es mit den Positionen aus dem Dialog – sind Leistungsorientierung und Gesundheitsorientierung unvereinbar?
Unsere Antwort darauf lautet: Keineswegs!
Durch eine Erweiterung der Perspektive lässt sich die Spannung zwischen zwei Werten bereits reduzieren. Es kann ein Miteinander geben, ein „Sowohl-als-auch“ in Abgrenzung zu einem starren „Entweder A oder B“. Im Falle von Leistungs- und Gesundheitsorientierung muss es dieses Miteinander sogar geben! Denn: Wo Mitarbeitende dauerhaft Höchstleistungen erbringen müssen, brennen sie möglicherweise aus. Wo sich Teams bloß um ihre eigenen Belange kümmern, werden Aufgaben und Ziele nicht wirksam umgesetzt. Eine Steigerung in der Umsetzung eines Wertes bedarf also einer begleitenden Steigerung des anderen. Das Ergebnis, wenn diese Verbindung vernachlässigt wird, kann fatal ausfallen. Denken Sie an den Turm des beliebten Party-Spiels Jenga: Was passiert, wenn von oben, von unten und aus der Mitte immer mehr Steine aus dem Turm herausgezogen werden? Exakt, er fällt in sich zusammen. Was im Spiel spaßig ist, kann im Arbeitskontext neben wirtschaftlichen Einbußen ernste körperliche und psychologische Beeinträchtigungen nach sich ziehen. Aber: Anders als im Spiel dürfen wir dem Organisations-Turm wieder Bausteine hinzufügen.
Zusammengefasst braucht es für ein langfristig orientiertes, effektives Zusammenarbeiten die Umsetzung von realistischen, authentischen Zielsetzungen, die Leistung und Gesundheit verbinden.
Solche Zielsetzungen sind ein wichtiger Teil dessen, was im Allgemeinen als Resilienz bezeichnet wird. Resilienz meint auch Spannkraft, Widerstandsfähigkeit oder Elastizität. Gemeinhin beschreibt sie die individuelle Fähigkeit, auch in Belastungssituationen die eigene Gesundheit zu erhalten.
Resilientes Führungshandeln kann daher bedeuten, speziell in Situationen, in denen Leistung und Anpassungsfähigkeit gefordert sind, das eigene Führungsrepertoire um Maßnahmen der Gesundheitsförderung zu erweitern.
Wenn Sie in Spannungsphasen also einen Schritt zurücktreten und sich fragen, wie Sie die Gesundheit der am Projekt beteiligten Menschen fördern können, „umspannen“ Sie die beiden, sich gegenseitig bedingenden Werte der Leistungs- und der Gesundheitsorientierung. Zu diesen Menschen gehören nicht nur Ihre Mitarbeitenden, Kolleginnen oder Kollegen, sondern auch Sie!
Genauso, wie sich Führung im zwischenmenschlichen Bereich abspielt, ist Resilienz damit ebenfalls ein Thema der Interaktion und Kommunikation. Sie kann nicht mehr nur als Eigenschaft eines Individuums, sondern auch als eine Eigenschaft von Teams und ganzen Organisationen betrachtet werden (Soucek, 2017).
Daher spricht man von einer Gesundheits- bzw. Resilienzförderung auf drei Ebenen – der Mikroebene des Individuums, der Mesoebene von Teams und der Makroebene der Organisation (Hinkelmann, 2018).
Auf allen drei Ebenen ist eine Analyse möglich, welche Gesundheitsmaßnahmen bereits etabliert sind und welche es noch braucht, um die Leistungsfähigkeit und das Wohlbefinden der Beschäftigten aufrechtzuerhalten. Beispielhaft nennen wir Ansatzpunkte für die drei Ebenen:
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Mikroebene – das Individuum:
Auf der Mikroebene geht es um ein kluges und sich selbst gegenüber verantwortungsvolles Ressourcenmanagement. Es gilt, sich die vorhandenen Kräfte tagtäglich sinnvoll einzuteilen, um sowohl kurze, projektbezogene Sprints, als auch den Marathon einer komplexen, mehrschrittigen Aufgabe zu bewältigen. Damit ist individuelle Resilienz auch eine Frage der persönlichen Arbeitsmethodik.
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Mesoebene – das Team:
Auf der Mesoebene spielen vor allem zwei „Wohlfühl-Faktoren“ eine wichtige Rolle. Das ist zum einen die Frequenz und die Transparenz des Informationsflusses. Teams, die den Überblick über Aufgaben, Verantwortlichkeiten, Zeitpläne und Zielsetzungen behalten, arbeiten effektiver und entspannter. Zum anderen ist dies das Ausmaß der Partizipation an Entscheidungsprozessen. Wer bei der Formulierung eines Ziels mitbestimmen kann, ist eher motiviert, sich für seine Umsetzung zu engagieren, anstatt es als unliebsame Pflicht von oben zu betrachten.
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Makroebene – die Organisation:
Auch auf der Makroebene spielt die interne Transparenz eine wichtige Rolle. Dabei ist nur zu bedenken, dass sich die Interaktion und Kommunikation nicht zwischen Einzelpersonen abspielt, sondern zwischen Gruppen – also zwischen Teams, Abteilungen, Standorten, Subunternehmen, und so weiter. Notwendig ist ein Miteinander anstelle eines Nebeneinanders oder Gegeneinanders. Das ist natürlich einfach gesagt. Es ist keine leichte Aufgabe, verschiedene Organisationszweige auf gemeinsame Ziele und Strategien auszurichten. Was dabei allerdings nicht vergessen werden sollte: Die einzelnen Einheiten bestehen immer aus einzelnen Menschen. Vielleicht steckt daher hinter dem einen oder anderen organisationalen Problem eine Schwierigkeit auf der Meso- oder Mikroebene?
Beraten Sie sich daher mit Vertrauten, Entscheidungsträgern und Experten, wie Sie die aktuellen Prozesse auf jeder der drei Ebenen so beeinflussen können, dass sie gesundheitsförderlich werden. Was brauchen die Mitarbeitenden, Teams oder Organisationseinheiten, um ihre Aufgaben so zu erledigen, dass dabei möglichst wenig Stress und ein möglichst hohes Erfolgsgefühl entstehen?
Zum Abschluss unseres Newsletters möchten wir uns gemeinsam mit Ihnen auf die Mesoebene konzentrieren. Denn hier hat resilientes Führungsverhalten die größte Bedeutung. Folgende Grundsätze können Ihnen helfen, wenn Sie die Gesundheitsförderung Ihres Teams in den Blick nehmen und in konkrete Maßnahmen umsetzen möchten:
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Betrachten Sie Resilienz in Ihrem Team nicht als Eigenschaft, die die Gruppe entweder hat oder nicht hat. Vielmehr hilft ein Resilienzverständnis im Sinne eines dynamischen Entwicklungsprozesses (Wellensiek, 2011). Egal, ob Sie in diesem Prozess noch ganz am Anfang stehen, schon viel Erfahrung haben oder einen Rückschlag erlebt haben: Es ist immer möglich, einen Schritt nach vorne zu gehen.
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Die Verantwortung zur Gesundheitsförderung lastet nicht allein auf den Schultern der Führungskraft. Ziehen Sie Verbündete heran, die das Interesse an mehr Gesundheitsförderung teilen. Beziehen Sie Ihre Mitarbeitenden aktiv in den Gestaltungsprozess ein. Zeigen Sie in Wort und Tat, dass Gesundheit ein Gemeinschaftsanliegen ist.
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Beginnen Sie bei sich selbst: Was brauchen Sie, um sich in Ihrer Rolle wohler zu fühlen? Eine solche, vielleicht schriftliche Selbstreflexion kann schon Handlungsfelder aufdecken, die sich auf Teamebene transparent machen und daraufhin ausbauen lassen. Denn vielleicht geht es Ihren Kolleginnen, Kollegen und Mitarbeitenden ja ähnlich?
Herzlichen Dank für Ihr Interesse und Ihre Aufmerksamkeit. Bleiben Sie resilient und gesund – auf allen Ebenen. Wir wünschen es Ihnen!
Jan-Hendrik Wiskemann und Rabea Seiler mit Prof. Dr. Daniel Keller für KellerPartner
Wir laden Sie ein, einen Blick auf unsere eAcademy und die darin enthaltenen e-Learning-Module zu werfe. Darin finden Sie Module zu Führung, Kommunikation und Resilienz. Modul Feedback als Führungswerkzeug |
Titelbild: Foto von thekurupi auf Pixabay