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Kompliment-Sandwich
Prof. Dr. Daniel Keller2.12.2024

Das „Kompliment-Sandwich“

Warum es oft nicht funktioniert und wie es besser geht

 

Liebe Leserinnen und Leser,

in meinem Austausch mit Führungskräften erlebe ich häufig, dass das sogenannte „Kompliment-Sandwich“ als Strategie für schwierige Gespräche herangezogen wird: ein Lob zu Beginn, gefolgt von der eigentlichen Kritik, und zum Abschluss ein weiteres positives Feedback.

Diese Methode, die in den 90er-Jahren populär wurde, wirkt auf den ersten Blick wie eine elegante Lösung, um Rückmeldungen angenehm zu verpacken. Doch sie gilt längst als überholt. Studien und Praxiserfahrungen zeigen, dass das „Kompliment-Sandwich“ nicht nur oft seine Wirkung verfehlt, sondern in manchen Fällen sogar kontraproduktiv sein kann.

Warum scheitert das Kompliment-Sandwich so oft? Und vor allem: Wie kann Feedback so gestaltet werden, dass es Vertrauen stärkt und eine nachhaltige Entwicklung ermöglicht? Lassen Sie uns im Folgenden betrachten, warum diese Technik überholt ist und welche Alternativen tatsächlich zu wirkungsvollem und konstruktivem Feedback führen.

 

Die Problematiken des „Kompliment-Sandwich“

Ein zentrales Problem ist der Vertrauensverlust. Wer ein positives Feedback als Einleitung hört, vermutet häufig bereits eine kritische Botschaft und nimmt das Lob nicht mehr ernst. Die eigentliche Kritik wird als Kern des Gesprächs verstanden und das abschließende Kompliment wirkt wie ein bloßes Mittel zur Entschärfung. Mitarbeiter fühlen sich nicht gewürdigt, sondern manipuliert.

Auch das Verständnis für die Kritik leidet: Primacy- und Recency-Effekte zeigen, dass Menschen den Beginn und das Ende eines Gesprächs am besten im Gedächtnis behalten. Dadurch kann die Kritik selbst in den Hintergrund geraten, und der Empfänger verlässt das Gespräch unter Umständen ohne klares Verständnis, was er konkret verbessern soll.

Adam Grant, renommierter Organisationspsychologe, hat in einer Veröffentlichung dargelegt, dass das „Kompliment-Sandwich“ die Kernbotschaft oft verwässert und Verwirrung stiftet. Gut gemeinte Rückmeldungen wirken oberflächlich, und der Empfänger fühlt sich möglicherweise durch die Kritik persönlich angegriffen, da sie nur von freundlichen Floskeln umrahmt wird. Letztlich wird das Ziel – konstruktive Verbesserung – verfehlt, da das Vertrauen in die Feedback-Kultur darunter leidet.

Grafik_Grant

Bildquelle: https://adamgrant.substack.com/p/stop-serving-the-compliment-sandwich

 

Meine Empfehlungen

Ich empfehle eine direkte und klare Herangehensweise, die auf ehrlicher und unterstützender Kommunikation basiert. Diese Erkenntnis habe ich in meiner eigenen Praxis umgesetzt und festgestellt, dass das Vertrauen und die Motivation meiner Mitarbeiter gestiegen sind, als ich begann, Feedback offen zu vermitteln.

 

  • Wenn Sie Feedback geben, dann machen Sie klar, warum das nötig ist.

Ihre Mitarbeiter werden Feedback eher annehmen, wenn sie verstehen, dass Sie nicht einfach nur Kritik üben, sondern ihnen tatsächlich helfen wollen. Die Aussage

„Ich gebe dir dieses Feedback, weil ich hohe Erwartungen an dich habe und weiß, dass du diese erreichen kannst.“

zeigt, dass Ihre Rückmeldung aus einem positiven, unterstützenden Impuls kommt. Sie möchten, dass Ihr Mitarbeiter wächst und sich weiterentwickelt.

 

  • Niemand mag es, sich unterlegen zu fühlen. Stellen Sie sich auf Augenhöhe.

Vielleicht sagen Sie etwas wie:

„Ich habe selbst viel aus Feedback gelernt und möchte dir helfen, dasselbe zu erreichen.“

Auf diese Weise schaffen Sie eine Atmosphäre, in der es nicht um Macht geht, sondern um einen Austausch auf Augenhöhe mit dem Ziel der Entwicklung. Das nimmt den Druck aus der Situation und fördert eine viel offenere Kommunikation.

 

  • Bevor Sie mit Ihrem Feedback beginnen, fragen Sie, ob der andere das auch möchte.

Sie können einfach fragen:

„Ich habe ein paar Beobachtungen gemacht. Bist du an Feedback interessiert?“

Damit geben Sie Ihrem Gesprächspartner die Kontrolle. Wenn jemand selbst entscheidet, dass er oder sie Feedback möchte, wird es auch viel leichter, die Rückmeldung anzunehmen. Es ist eine respektvolle Art, dem anderen zu signalisieren, dass seine Meinung und sein Wunsch nach Offenheit genauso wichtig sind wie Ihre.

 

  • Niemand möchte sich in einem Gespräch wie in einer Vorlesung fühlen. Daher heißt die Devise: Dialog statt Monolog

Gestalten Sie das Gespräch interaktiv. Beginnen Sie, Ihre Beobachtungen zu teilen, aber bieten Sie Ihrem Gegenüber auch die Möglichkeit, seine Sichtweise darzulegen. Ein Satz wie:

„Ich möchte dir erzählen, was mir aufgefallen ist, und hören, wie du das siehst.“

lädt zu einem echten Dialog ein. Auf diese Weise entsteht ein Austausch, der nicht nur Vertrauen aufbaut, sondern auch eine echte Zusammenarbeit fördert.

 

Statt als Taktik zu wirken, wird Ihre Rückmeldung zu einer Gelegenheit, die Zusammenarbeit zu stärken und die Entwicklung des Einzelnen zu fördern.

Denken Sie daran: Ehrlichkeit, Klarheit und echte Unterstützung sind der Schlüssel zu einem erfolgreichen Feedback.

 

Ihr Prof. Dr. Daniel Keller

 

Bildquelle: Foto von Freepik

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Prof. Dr. Daniel Keller

Ich bin Gründer und CEO von KellerPartner, Experte für Strategie und Transformation und bringe umfangreiche Management-, Berater- und Trainererfahrung aus verschiedenen Branchen und Ländern mit. Als Professor für General Management an der Steinbeis Hochschule verknüpfe ich anwendungsorientierte Forschung mit interdisziplinärem Wissen.

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