Konstruktives vs. Destruktives Feedback
Liebe Leserinnen und Leser,
haben Sie schon einmal Feedback bekommen – egal, ob Lob oder Kritik, mit dem Sie so gar nichts anfangen konnten? Oder erinnern Sie sich an Situationen zurück, in denen ein gut gemeintes Feedback Sie dennoch persönlich getroffen hat oder aber ein von Ihnen gegebenes Feedback anders aufgenommen wurde, als erhofft? Es erstaunt nicht, dass Sie Feedback das ein oder andere Mal eher als unangenehme Kritik erlebt haben.
Und das, obwohl es als Führungswerkzeug im Organisations- und Unternehmenskontext von hoher Relevanz und großem Wert sein kann. Immer mehr Unternehmen setzen auf eine offene, konstruktive Rückmeldung an ihre Mitarbeiter, um sich persönlich und unternehmerisch weiterzuentwickeln.
Konstruktiv Feedback geben zu können ist in allen Lebensbereichen unglaublich wichtig! Zur Veranschaulichung möchten wir, dass Sie sich in folgende Situation hineinversetzen: Frau M. arbeitet voller Elan an einem neuen Projekt und ist höchst motiviert. Als Sie Ihnen erste Entwürfe zuschickt, fällt schnell auf, dass sich das Projekt in eine völlig falsche Richtung entwickelt. Dies ist nicht nur verschwendete Arbeitszeit, sondern gefährdet auch die zeitgerechte Fertigstellung des Projekts. Nun liegt es an Ihnen als Führungskraft, Frau M. auf ihre falsche Herangehensweise aufmerksam zu machen. Sie schätzen Frau M.s Motivation und Elan. Jetzt befürchten Sie, Frau M. könnte niedergeschlagen oder verärgert auf Ihre Rückmeldung reagieren. Wie also sprechen Sie das Anliegen an, dass Frau M. mit genauso viel Motivation und Elan ihren Kurs in die gewünschte Richtung ändert?
In diesem Blogbeitrag beleuchten wir, wie Feedback wirkungsvoll eingesetzt werden kann und was Sie bei der Umsetzung auf jeden Fall beachten sollten. |
Zunächst sollten wir die Frage klären, was unter „Feedback“ zu verstehen ist. Feedback ist eine Botschaft (des Feedbackgebers) an eine andere Person (Feedbacknehmer). Der Inhalt des Feedbacks informiert den Feedbacknehmer darüber, wie ihr Verhalten vom Feedbackgeber wahrgenommen, verstanden und erlebt wird. Vereinfacht bedeutet Feedback nichts anderes, als die eigene Sicht auf Auswirkungen einer Handlung mit dem Handelnden zu teilen. So kann in Zukunftdas Verhalten des Handelnden im Wissen um die Wirkung auf den Anderen gezielter gesteuert werden. Es kann daher als ein zielgerichteter Blick in die Vergangenheit interpretiert werden, um für die Zukunft zu lernen. Ziel ist es dabei, die persönliche Entwicklung von Individuen zu fördern, indem diese die Möglichkeit bekommen, sich selbst „mit anderen Augen zu sehen“ und „über Ihren Tellerrand hinauszublicken“.
Dabei bringt faires und konstruktives Feedback einige weitere Vorteile mit sich.
Faires und konstruktives Feedback…
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... ergänzt die eigene subjektive Wahrnehmung um eine neutrale Fremdeinschätzung.
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... schafft die Möglichkeit zur kontinuierlichen Verbesserung der eigenen Leistung und des eigenen Verhaltens.
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... kann Störungen, Missverständnisse und Fehler aufdecken sowie Konflikte lösen.
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... trägt zur Steigerung der Produktivität Ihrer Mitarbeiter bei.
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... erhöht die Zufriedenheit Ihrer Mitarbeiter.
Studien haben zudem gezeigt, dass konstruktives Feedback wesentlich zu Ihrem Unternehmenserfolg beitragen kann. Eine Studie des Ökonomie Professors Fred Luthans von der University of Nebraska-Lincoln zeigte auf, dass Mitarbeiter, die für ihre Leistungen Geld bekamen, ihre Produktivität um 23% steigerten. Kam aber zur monetären Belohnung noch Anerkennung und Feedback hinzu, so betrug die Produktivitätssteigerung sogar 45 % – also fast das Doppelte!
Natürlich gibt es auch beim Geben von Feedback Regeln, die sie beachten sollten, um die gewünschte positive Wirkung zu erzielen. Denn gegenüber dem konstruktiven Feedback positioniert sich das sogenannte destruktive Feedback. Feedback ist dann destruktiv, wenn es sich nicht auf die Arbeit, sondern auf die Person bezieht. Es werden kaum produktive Ratschläge gegeben. Stattdessen wird nur auf Fehler hingewiesen, ohne dabei Lösungen anzubieten. In solchen Fällen wirkt Feedback verletzend und demütigend und dient nicht mehr der Weiterentwicklung des Feedbacknehmers.
Mit den folgenden Tipps können Sie sicherstellen, dass Ihr Feedback objektiv und konstruktiv bleibt:
1. Erfragen Sie, ob Ihr Gegenüber Feedback erhalten möchte
Ohne eine Bereitschaft Ihres Gegenübers überhaupt Feedback annehmen zu wollen, läuft jeder noch so gute Feedbackversuch ins Leere. Dies ist nicht nur vergebene Liebensmüh, sondern nutzt das Feedbackinstrument schlichtweg ab. Die Frage „Möchtest Du Feedback haben?”, ist also nicht nur zu stellen, sondern auch ernsthaft zu meinen. Wenn Sie den Eindruck haben, Ihr Gegenüber bejaht Ihre Feedbackbereitschat aus sozialer Erwünschtheit heraus, dann sparen Sie Ihre wertvolle Lebenszeit.
2. Wählen Sie den richtigen Zeitpunkt und Ort
Das Feedback sollte immer in einem zeitlichen Zusammenhang mit der erbrachten Leistung stehen. Je zeitnäher das Feedback erfolgt, desto besser die Erinnerung aller Beteiligten an den angesprochenen Sachverhalt. Suchen Sie außerdem einen neutralen Raum für ein Feedback-Gespräch auf. Vermeiden Sie eventuelle Störungen und planen Sie genug Zeit ein (auch für die eigene Nachbereitung des Gesagten), um ein entspanntes Gesprächsklima zu fördern.
3. Formulieren Sie Ihr Feedback klar und verständlich
Vermeiden Sie schwammige und unkonkrete Formulierungen. Diese führen im Zweifel zu noch mehr Fragen und schaffen Unklarheit. Eine klare, konkrete und verständliche Formulierung ist essenziell für wirksames Feedback.
Ein Beispiel zur Veranschaulichung:
Destruktives Feedback: „Herr X., ihr Exposé für das neue Kundenprojekt ist viel zu umfangreich.“
Konstruktives Feedback: „Herr X., bei ihrem Exposé für das neue Kundenprojekt wünsche ich mir konkretere und präzisere Formulieren, insbesondere an den folgenden Stellen. Eine konkrete Formulierung ist z.B. xxx.“
4. Vermeiden Sie Bewertungen oder Verurteilungen
Feedback sollte niemals eine generelle Bewertung oder Verurteilung der Persönlichkeit eines Mitarbeiters sein. Fühlt sich der Feedbacknehmer durch eine Äußerung persönlich angegriffen, wird er das Feedback nicht annehmen. Achten Sie also darauf, Feedback aus wertschätzender Perspektive zu geben.
5. Sprechen Sie in der Ich-Form
Mit einer Ich-Botschaft signalisiert man dem Gegenüber, dass es sich zunächst einmal nur um eine subjektive Beobachtung handelt. Mit einer Du-Botschaft dagegen greift man sein Gegenüber an und macht es für die Situation verantwortlich.
Ein Beispiel zur Veranschaulichung:
Destruktives Feedback: „Sie gehen im Kundengespräch viel zu wenig auf die Wünsche des Kunden ein.“
Konstruktives Feedback: „Ich habe beobachtet, dass Sie im Kundengespräch zu wenig auf die Wünsche des Kunden eingehen.“
6. Beginnen Sie mit etwas Positivem und bewahren Sie eine positive Grundstimmung.
Kritisches Feedback wird besser angenommen, wenn man vorher das Gefühl vermittelt bekommen hat, die eigene Leistung und Arbeit würde wertgeschätzt werden. Daher ist es wichtig, dass Sie das Gespräch positiv beginnen und dann erst auf kritische Aspekte eingehen. Zudem hat die subjektive Grundhaltung einen wichtigen Einfluss darauf, ob wir wirklich aufnahmefähig und –willig sind. Bewahren Sie zudem eine positive Grundstimmung. Wenn Sie überzeugt sind, dass das ausgesprochene Feedback am Ende wirklich etwas Gutes bewirkt, begegnen Sie dem Gesprächspartner mit Mut und Zuversicht.
7. Vermeiden Sie zu viele negative Punkte
Kritik ist in einem gewissen Maße konstruktiv. Wenn die negativen Aspekte jedoch überhandnehmen, führt das Gespräch schnell zu Demotivation auf Seiten des Feedbacknehmers.
8. Inhalt des Feedbacks: Berücksichtigen Sie die Veränderbarkeit
Beziehen Sie sich nur auf Dinge, die vom Feedbacknehmer veränderbar sind. Es hilft nichts, jemanden z.B. auf physische Eigenschaften hinzuweisen, auf die er keinen Einfluss hat.
9. Beobachten Sie die Reaktion Ihres Gegenübers und berücksichtigen Sie seine Persönlichkeit
Versuchen Sie sich in die Lage Ihres Gegenübers hineinzuversetzen und Empathie zu zeigen. Denn genauso wichtig wie das Aussenden des Feedbacks, ist die wohlwollende Reaktion auf dieses. Fragen Sie sich zudem: Wie sensibel ist Ihr Gegenüber wohl? Wie ist die Informationskapazität des anderen? Und: Ist das Feedback auch den sozialen Rollen angemessen, in denen Sie sich derzeit gegenüberstehen?
Richtig eingesetzt, kann Feedback von großem Wert für Ihr Unternehmen, für die individuelle Weiterentwicklung Ihrer Mitarbeiter und auch für Sie selbst sein.
Neben situationsbedingten Feedback-Gesprächen bietet es sich daher an, diese in regelmäßigen Abständen zu führen. In diesem Rahmen haben dann auch generelle und allgemeinere Themen, Wünsche und Kritiken Raum zur Besprechung. Wie anhand der Beispiele zu Beginn dieses Blogpost schon festzustellen, läuft der Feedbackprozess häufig in die falsche Richtung. Tepper (2000) nimmt destruktives Feedback in seiner „Abusive supervision Scale“ auf, eine Skala, die dazu dient, die Wahrnehmung von nicht körperlich missbräuchlichem Verhalten von Untergebenen durch ihre Vorgesetzten zu messen. Eine Meta-Analyse über destruktive Führung und ihre Folgen zeigt deutliche Zusammenhänge zwischen geringerer Arbeitszufriedenheit, höherer Kündigungsabsicht sowie geringerem Wohlbefinden und kontraproduktiven Arbeitsverhalten bei destruktiver Führung (Schyns & Schilling, 2012). Konstruktives Feedback ist für ein Unternehmen also nicht nur „nice-to-have“, sondern unverzichtbar.
Es zeigt sich, dass der Prozess des Feedback-Gebens eine gewisse Expertise und Wissen über wesentliche Do´s and Dont´s verlangt. Insbesondere ist auch die Haltung relevant, mit der Sie Feedback geben und nehmen.
Wenn Sie das Gefühl haben, Sie brauchen noch Hilfe auf dem Weg, Feedback in Ihrem Unternehmen wirksam einzusetzen, kommen Sie gerne auf uns zu.
Wir bedanken uns für Ihr Interesse!
Rabea Seiler mit Prof. Dr. Daniel Keller für Keller Partner
Entdecken Sie unsere e-Learning-Module zu wirksamen Feedback und verwandten Themen: Modul Feedback als Führungswerkzeug |
Bildquelle: KellerPartner