Der Einfluss auf unsere physische und psychische Stabilität
Liebe Leserinnen und Leser,
anstrengende Lebensumstände können Menschen extrem belasten. Auch beruflicher Stress kann physische und psychische Beschwerden auslösen. Sicherlich können auch Sie sich an eine Situation zurückerinnern, in der Sie das Gefühl hatten: „Ich kann nicht mehr, ich bin erschöpft.“ Sie fühlten sich überfordert, standen unter ständigem Zeitdruck, hatten vielleicht Konflikte mit Kollegen und das Gefühl von dauerhafter Einsatzbereitschaft führte zur Vernachlässigung Ihrer eigenen Bedürfnisse. Die Anforderungen im Arbeitsleben überfordern einen jeden von uns von Zeit zu Zeit. In extremen Fällen hat dies zur Entwicklung dessen geführt, was heutzutage als „Burnout“ bezeichnet wird.
In diesem Blogbeitrag möchten wir gemeinsam mit Ihnen beleuchten, was man unter anderem dagegen tun kann: Sich bewußt Zeit nehmen und durchatmen! |
Schon 1998 argumentierte der Herausgeber des New England Journal of Medicine, dass die Gesundheit davon abhänge, wie wir atmen.
Bestreiten kann man auf jeden Fall nicht, dass die Atmung eine der wichtigsten Funktionen des menschlichen Körpers ist. Doch richtig zu atmen, will gelernt sein. Denn die meiste Zeit über atmen wir falsch, ohne es überhaupt zu wissen. Wie zu Beginn aufgeführt leiden, wir immer wieder unter Stress oder Überforderung, was zu kürzeren und flacheren Atemzügen führt. Dabei ist es das bewusste Luftholen, was es uns ermöglicht, ganz einfach selbst Stress abzubauen und uns zu entspannen. Wie das geht? In unserem diesmonatigen Blogpost wollen wir das Thema „richtig Atmen“ aufgreifen und Ihnen Atemübungen und praktische Tipps für Ihren Alltag mit auf den Weg geben.
Was würden Sie sagen? Wie sieht eine normale Atmung überhaupt aus? Bei der normalen Atmung dehnt sich der Bauch bei jedem Ein- und Ausatmen sanft aus und zieht sich zusammen. Es ist keine Anstrengung erforderlich, die Atmung ist leise, regelmäßig und vor allem durch die Nase. Abnormale Atmung oder Mundatmung hingegen ist oft schneller als normal, hörbar, wird von Seufzern unterbrochen und geht mit sichtbaren Bewegungen des oberen Brustkorbs einher. Diese Art der Atmung tritt normalerweise nur auf, wenn Personen unter Stress stehen, aber bei Menschen, die gewohnheitsmäßig durch den Mund atmen, werden die negativen Auswirkungen von Stress und Überatmung chronisch (McKeown, Macaluso, 2017). Grundsätzlich gilt also:
Atmen Sie durch die Nase. Denn wer durch die Nase atmet, atmet automatisch ruhiger und länger.
Weiterhin unterscheidet man zwischen der Bauch- und Zwerchfellatmung einerseits und der Brustatmung andererseits:
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Die Brust- und Schulteratmung: Sind nur der Brustkorb und die Schultern an der Atmung beteiligt, führt dies zu einer kurzen und flachen Atmung. Anstatt das gesamte Lungenvolumen zu benutzen, wird lediglich der obere Teil der Lunge mit Sauerstoff versorgt. Diese oberflächliche Atmung führt zu Müdigkeit, Kopfschmerzen und Konzentrationsschwierigkeiten und führt im schlimmsten Fall zu verstärkten Gefühlen der Angst und Panik.
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Die Bauch- und Zwerchfellatmung: Ist von richtiger Atmung die Rede, dann ist diese Atemtechnik gemeint. Der ganze Brust- und Bauchbereich ist an der Atmung beteiligt und das gesamte Lungenvolumen wird benutzt. Daher bezeichnet man sie auch als „Vollatmung“.
Es lässt sich feststellen, dass eine geringe Anzahl an Ein- und Ausatmung in optimaler Atmung zu einem positiven Effekt auf Gesundheit und Langlebigkeit führt. Sicher stellen Sie sich nun auch die Frage, was genau das nun für Ihre Atmung bedeutet. Folgende Faustregel können Sie sich merken:
Die optimale Atemfrequenz liegt bei 5,5 Atemzügen pro Minute. Dies bedeutet, 5,5 Sekunden Einatmen und 5,5 Sekunden Ausatmen, ist der perfekte Atemzug.
Patricia Gerbarg und Richard Brown, Professoren und Ärzte aus New York, setzten diese Atemtechnik bei Patienten mit Angstzuständen und Depressionen ein und stellten tiefgreifende Verbesserungen der Symptomatik nach der Atemtrainings-Behandlung fest. Gerbarg und Brown schrieben Bücher und veröffentlichten mehrere wissenschaftliche Artikel über die erholsame Kraft der langsamen Atmung, die als „resonante Atmung“ oder kohärentes Atmen bekannt wurde. Die Technik erfordert keine wirkliche Anstrengung, keine Zeit oder Nachdenklichkeit. Und man kann sie überall und jederzeit anwenden. „Es ist völlig privat“, schrieb Gerbarg. „Niemand weiß, dass man es tut.“ In vielerlei Hinsicht bietet resonantes Atmen denselben Nutzen wie Meditation für Menschen, die nicht meditieren wollen oder Yoga für Menschen, die sich nicht von der Couch erheben wollen. Oder eben für Menschen, die im Berufsalltag eine Möglichkeit suchen, sich von stressigen Meetings zu erholen.
Im Folgenden wollen wir Ihnen drei weitere spezielle, lernbare Atemtechniken vorstellen, auf die Sie in Ihrem Arbeitsalltag zurückgreifen können.
Atemübungen für den Alltag:
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4-7-8 Atmung
Diese Technik versetzt Ihren Körper in einen Zustand der tiefen Entspannung. Sie können Sie z.B. auf langen Flügen oder Zugfahrten verwenden, um das Einschlafen zu erleichtern. Atmen Sie ein und atmen Sie dann mit einem Zischgeräusch durch den Mund aus. Schließen Sie den Mund und atmen Sie leise durch die Nase ein, bis Sie im Geiste bis vier zählen. Halten Sie die Zählung bis sieben. Atmen Sie vollständig durch den Mund aus und zählen Sie dabei bis acht. Wiederholen Sie diesen Zyklus für mindestens vier Atemzüge. -
Box Breathing Navy Seals
Hierbei handelt es sich um eine sehr einfache Technik. Navy SEALs verwenden sie, um in angespannten Situationen ruhig und konzentriert zu bleiben. Atmen Sie bis vier ein. Halten Sie vier Sekunden. Atmen Sie vier Sekunden aus. Halten Sie erneut für vier Sekunden. Wiederholen Sie diesen Zyklus. Versuchen Sie mindestens sechs Durchgänge, wenn nötig auch mehr. -
Wim-Hof
Hierbei handelt es sich um eine aufwendigere Methode, die jedoch als Teil von der sogenannten Tummo Technik, als einer der bekanntesten Techniken gilt und wir sie Ihnen daher nicht vorenthalten wollen. Um die Atemmethode von Wim Hof zu praktizieren, suchen Sie sich zunächst einen ruhigen Ort und legen Sie sich flach auf den Rücken mit einem Kissen unter dem Kopf. Entspannen Sie die Schultern, die Brust und die Beine. Atmen Sie sehr tief in die Magengrube ein und ebenso schnell wieder aus. Atmen Sie auf diese Weise 30 Zyklen lang weiter. Wenn möglich, atmen Sie durch die Nase. Jeder Atemzug sollte wie eine Welle aussehen, wobei das Einatmen den Bauch und dann die Brust aufbläst. Atmen Sie die gesamte Luft in der gleichen Reihenfolge wieder aus. Am Ende von 30 Atemzügen atmen Sie bis zum natürlichen Ende aus, wobei etwa ein Viertel der Luft in der Lunge verbleibt, und halten diesen Atemzug so lange wie möglich an. Wenn Sie Ihr Atemlimit erreicht haben, atmen Sie einmal tief ein und halten Sie diesen Atemzug weitere 15 Sekunden an. Bewegen Sie diesen frischen Atemzug ganz sanft um den Brustkorb und zu den Schultern, atmen Sie dann aus und beginnen Sie wieder mit der schweren Atmung. Wiederholen Sie das ganze Muster drei oder vier Mal und fügen Sie ein paar Mal pro Woche eine Kältebehandlung hinzu (kalte Dusche, Eisbad, nackte Schneeengel). Dieses Hin- und Herwechseln – erst voll atmen, dann gar nicht, erst richtig kalt und dann wieder heiß – ist der Schlüssel zur Wirkung von Tummo. Es zwingt den Körper in der einen Minute in einen hohen Stresszustand und in der nächsten in einen Zustand extremer Entspannung. Der Körper wird anpassungsfähiger und flexibler und lernt, dass all diese physiologischen Reaktionen unter unsere Kontrolle geraten können.
Ein gezieltes Atemtraining kann Ihnen dabei helfen, Ihre Atmung dauerhaft zu verbessern. Führen Sie die Übungen daher regelmäßig durch, werden Sie im Alltag stärker auf richtige Atmung achten und langfristig an Ruhe, Entspannung und Ausgeglichenheit gewinnen. Sicherlich profitieren auch Sie in der ein oder anderen Situation davon einmal tief durchzuatmen. Probieren Sie es doch bei Gelegenheit mal aus und beobachten Sie, welchen positiven Einfluss richtiges Atmen auch auf die Produktivität und Ihr Wohlbefinden bei der Arbeit hat.
Das Interesse an der Überwachung und Optimierung der Atmung und der bewussten Auseinandersetzung mit dem Körper steht auch bei der sogenannten „Quantified Self Bewegung“ im Zentrum. Wenn Sie daran interessiert sind, ihren Körper besser kennenzulernen und von der Aufzeichnung ihrer alltäglichen Körperaktivitäten und Verhaltensweisen zu profitieren, dann schauen Sie sich gerne unseren letzten Newsletter zu diesem Thema an. Besuchen Sie auch gerne unsere eAcademy. Hier finden Sie weitere Informationen zu verwandten Themen.
Hier gehts zum Artikel zur Quantified Self BewegungWir bedanken uns für Ihr Interesse!
Rabea Seiler mit Prof. Dr. Daniel Keller für Keller Partner
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