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Mindset
Alexander Noß30.8.2024

Jeden Tag 1% besser

... und was Türkarten mit einem Growth Mindset zu tun haben

 

Liebe Leserinnen und Leser,

ich kehre gerade aus dem späten Sommerurlaub zurück, eine Woche mit einer großen Gruppe von Freunden, ein fester Kreis. Eins der festen Rituale ist die Zimmerverteilung zu Beginn der Woche, die die Organisatorin traditionell mit Sinnspruchkarten an den Zimmertüren vornimmt: Jeder erhält entsprechend seiner Persönlichkeit eine – meist etwas ironisch gemeinte – Karte zugeteilt. Bei einer Bekannten mit besonders heiterem Gemüt, jemand nannte sie neulich „unser Sonnenschein”, hing in diesem Jahr eine Karte an der Tür, die ironisch auf ihre Positivität anspielte: „Einfach in einer Chance auch mal die Möglichkeit zur Krise erkennen!”.

Doch was ist mit denjenigen, die das Thema im Alltag ganz unironisch genau so sehen, wie die Karte suggeriert? Was ist mit den Menschen, die Chancen und Unsicherheit stets als bedrohlich empfinden – und die sich von dem positiven Ausblick auf die Dinge meiner Bekannten am liebsten eine Scheibe abschneiden würden? Warum gelingt es manchen Menschen scheinbar mühelos, sich neuen Aufgaben zu stellen und dabei zu wachsen, während andere das Gefühl haben, auf der Stelle zu treten oder gar aufgeben?

Haben Sie sich vielleicht schon insgeheim gefragt, ob Menschen wirklich zur inneren Veränderung fähig sind – oder ob das alles nur „Coachingschmu“ ist? Vielleicht glauben Sie, nicht aus der eigenen Haut zu können und meinen, dass es sich bei persönlicher Entwicklung um ein Ammenmärchen handelt? Oder erleben Sie immer wieder, dass Sie Mitarbeitenden Veränderungschancen anbieten, die sie nicht nutzen, weil sie in ihrer eigenen Haut und Persönlichkeit festzustecken scheinen? Möchten Sie diesen Menschen helfen und ihnen eine neue Perspektive eröffnen?

In diesem Beitrag möchte ich verdeutlichen, wie ein positives, zielorientiertes und veränderungsbasiertes Mindset helfen kann, Herausforderungen zu meistern und persönliches Wachstum zu fördern - während eine unflexible Haltung im Sinne einer selbsterfüllenden Prophezeiung genau den Stillstand herbeiführt, den sie selbst als beinahe naturgesetzlich gegeben unterstellt. Ein wachstumsorientiertes Mindset kann ein Schlüssel sein, um nicht nur Hindernisse zu überwinden, sondern sich weiterzuentwickeln.


Wenn Sie bis hierher gelesen haben, ist für Sie offenbar die Frage relevant, wie Sie diesen positiven Blick auf die Dinge (eventuell: noch leichter, noch häufiger) erreichen können, bei sich selbst oder anderen in Ihrem Umfeld und in Ihrer Organisation. Die folgenden Gedanken unterstützen Sie dabei.

Die Macht Ihres Mindset

Ihre Gedanken über sich selbst, Ihre eigene Person und Ihre Möglichkeiten können entweder wie Ballast wirken, der Sie zurückhält, oder wie ein Kompass, der Ihnen den Weg nach vorne weist.

Ich empfehle, zwei grundlegende Denkweisen zu unterscheiden, die Ihr Handeln und Ihre Entwicklung maßgeblich beeinflussen:

Fixed Mindset
Wenn Sie glauben, dass Ihre Fähigkeiten und Talente statisch sind, denken Sie vielleicht, dass Sie entweder von Natur aus gut in etwas sind oder eben nicht. Sie glauben, dass manche Dinge bei Ihnen einfach funktionieren oder gar nicht, weil Sie nicht der Typ dafür sind. Diese Denkweise kann dazu führen, dass Sie Herausforderungen vermeiden, um nicht zu scheitern. Sie nehmen negatives Feedback eher als Angriff auf Ihre Person wahr, statt es als Chance zur Weiterentwicklung zu sehen. Es gilt freilich: Wer sich nicht verändern kann, wird dementsprechend den Grund für negative Erfahrungen nie beseitigen können. Es droht das Wiederholen der gleichen Fehler und das wiederholte Gefühl, in der eigenen Unzulänglichkeit gefangen zu sein, wenn diese Verhaltensweisen wiederholt werden. Um diesen Schmerz zu vermeiden, erklären Menschen mit einem fixierten Mindset lieber den Rand Ihrer Komfortzone zu den Grenzen Ihrer Welt.

Growth Mindset
Wenn Sie hingegen überzeugt sind, dass Sie Ihre Fähigkeiten durch Anstrengung, Lernen und persönliche Entwicklung verbessern können, sehen Sie Fehler als Lernmöglichkeiten und Herausforderungen als Gelegenheiten zur Erkenntnis und Weiterentwicklung. Sie streben danach, kontinuierlich zu wachsen und neue Fähigkeiten zu erlernen.

Studien belegen, dass Menschen mit einem Growth Mindset eher dazu neigen, anstrengungsorientierte Strategien zu verfolgen, was ihnen hilft, Herausforderungen zu bewältigen und mittelfristig ihre Leistungen zu verbessern (Limeri et al., 2020). Zudem fördert ein Growth Mindset die psychische Gesundheit, indem es Resilienz stärkt und psychologischen Stress mindert, da Betroffene positivere Bewältigungsstrategien anwenden (Tao et al., 2022). Diese Menschen fühlen sich durch Feedback auch nicht in gleicher Weise bedroht – sie haben ja die Möglichkeit, daraus zu lernen.

Es lässt sich also schlussfolgern:

Es kommt für das Gelingen von Veränderungen noch vor allem neuem Fähigkeitserwerb und Training darauf an, dass Menschen glauben, sie selbst seien überhaupt veränderbar, also nicht in sich selbst gefangen: Der Glaube an die eigene Veränderungsfähigkeit ist Grundlage und damit das Nadelöhr für alle weiteren positiven Entwicklungen.


Growth Mindset

Liegt ein Growth Mindset vor, erleben Sie die folgenden Effekte:

  • Wenn Sie an Ihre eigene Veränderungsfähigkeit glauben, stärkt das Ihr Vertrauen in Ihre Fähigkeiten, Herausforderungen zu meistern und Ziele zu erreichen. Dieses Vertrauen führt zu höherer Motivation und Ausdauer. Sie sind eher bereit, sich anzustrengen und auch durchzuhalten, wenn es schwierig wird, weil Sie wissen, dass Sie sich verbessern können.

  • Der Glaube an Veränderung fördert ein positives Selbstbild. Sie sehen sich selbst als lernfähig und anpassungsfähig, was Ihre Bereitschaft erhöht, an sich zu arbeiten und neue Fähigkeiten zu erlernen. Dies führt zu einem stärkeren Selbstbewusstsein und einem höheren Maß an Selbstakzeptanz.

  • Wenn Sie davon überzeugt sind, dass Veränderung möglich ist, betrachten Sie Rückschläge und Misserfolge als temporär und überwindbar. Diese Sichtweise fördert Ihre Resilienz – die Fähigkeit, sich von Schwierigkeiten zu erholen und gestärkt daraus hervorzugehen. Sie sind eher bereit, aus Fehlern zu lernen und sich weiterzuentwickeln.
  • Der Glaube an Ihre Veränderungsfähigkeit öffnet Sie für neue Ideen und Erfahrungen. Sie sind bereit, kreative Lösungen zu finden und innovative Ansätze auszuprobieren. Diese Offenheit fördert nicht nur persönliches, sondern auch berufliches Wachstum und trägt dazu bei, dass Sie in einer sich ständig verändernden Welt erfolgreich sind.

  • Ein wachstumsorientiertes Mindset in Ihren zwischenmenschlichen Beziehungen führt zu mehr Verständnis, Empathie und konstruktivem Feedback. Sie sehen Konflikte als Möglichkeiten, zu lernen und zu wachsen, was zu stärkeren und gesünderen Beziehungen beiträgt.

  • Wenn Sie überzeugt sind, dass Veränderung möglich ist, sind Sie eher bereit, langfristige Ziele zu setzen und kontinuierlich an deren Verwirklichung zu arbeiten. Diese Zielorientierung hilft Ihnen, fokussiert zu bleiben und auch größere Herausforderungen zu meistern.

  • Ein positives Mindset, das auf Veränderungsfähigkeit basiert, kann zu besseren psychischen und physischen Gesundheitszuständen führen. Es reduziert Stress und steigert Ihr allgemeines Wohlbefinden, da Sie wissen, dass Sie die Fähigkeit haben, sich anzupassen und zu wachsen.

  • In beruflichen Kontexten fördert der Glaube an Veränderungsfähigkeit kontinuierliches Lernen und Weiterentwicklung, was zu besseren Karrierechancen und beruflichem Erfolg führen kann. Sie sind bereit, neue Fähigkeiten zu erlernen und sich den Anforderungen des Arbeitsplatzes anzupassen.


Klingt fast zu schön, um wahr zu sein - und wie genau soll das funktionieren?
Die vier Eckpunkte der Darstellung helfen Ihnen:

Fixed-Growth-Mindset

 

Mindset-Shift

Im Detail lässt sich der „Mindset-Shift“ wie folgt beschreiben: Der Übergang von einem Fixed zu einem Growth Mindset beginnt mit der bewussten Entscheidung, Ihre Denkmuster zu verändern. Hier sind einige Schritte, die Ihnen helfen können. Es ist wichtig zu beachten, dass der Wechsel selbst ein Prozess ist und Zeit braucht.

  1. Beginnen Sie damit, Ihre aktuelle Denkweise zu analysieren bzw. zu reflektieren. Erkennen Sie Situationen, in denen Sie sich durch ein Fixed Mindset einschränken. Fragen Sie sich: „Warum denke ich, dass ich das nicht kann?“
  2. Anstatt Fehler zu vermeiden oder zu fürchten, betrachten Sie sie als wertvolle Lernmöglichkeiten. Setzen Sie mental direkt dagegen: Jeder Fehler bietet die Chance, etwas Neues zu lernen und sich zu verbessern. Sorgen Sie insbesondere am Anfang für Unterstützung bei der Analyse und diesen Wechsel Ihrer inneren Blickrichtung. Vielleicht haben Sie Menschen wie den positiven Sonnenschein aus meinem Freundeskreis auch in Ihrem, und können sich Unterstützung suchen?
  3. Machen Sie es sich zur Gewohnheit, regelmäßig aus Ihrer Komfortzone herauszutreten. Neue Herausforderungen fördern Ihr Wachstum und stärken Ihr Vertrauen in Ihre Fähigkeiten auch im Umgang mit bisher Unbekanntem.
  4. Verabschieden Sie sich von negativen Labels und Selbstzweifeln. Wenn Sie an sich glauben und sich zutrauen, neue Herausforderungen zu meistern, dann werden Sie auch Erfolg haben. Lesen Sie hierzu gerne auch unseren Blogbeitrag „Das Etikett im Kopf“, um mehr darüber zu erfahren, wie Sie sich von negativen Selbstbildern lösen können.
  5. Konzentrieren Sie sich auf den Prozess des Lernens und Wachstums, anstatt nur auf das Endergebnis. Der Weg ist hier (ausnahmsweise mal!) genauso wichtig wie das Ziel.
 

1%-Regel im Growth Mindset

Als letzte Motivation hilft Ihnen noch die 1%-Regel im Growth Mindset. Es bedarf nämlich keiner großen Anstrengungen – bereits kleine Veränderungen reichen aus, um exponentielles Wachstum zu erzielen.

Der wissenschaftliche Hintergrund der 1%-Regel und des Growth Mindsets basiert auf der Forschung von Dr. Carol Dweck, einer Professorin für Psychologie an der Stanford University. Ihre Studien haben gezeigt, dass Menschen durch die tägliche Verbesserung um nur 1% einen kontinuierlichen Lern- und Wachstumsprozess in Gang setzen, der exponentielle Fortschritte ermöglicht. Diese kleinen, tägliche Fortschritte summieren sich im Laufe der Zeit zu bedeutenden Veränderungen.

1%_Bedeutung

 

Wenn Sie sich täglich um nur 1% verbessern, führt dies zu einer exponentiellen Entwicklung Ihrer Fähigkeiten und Ihres Wissens. Täglich umgesetzt, sind Sie nach einem Jahr nicht einfach 365% besser, sondern fast 38-mal besser als zu Beginn des Jahres. Diese exponentielle Wachstumsrate entsteht durch kontinuierliches Lernen und die stetige Anwendung neuer Erkenntnisse und Fähigkeiten.

Veränderung ist ein Marathon, kein Sprint.
Also heißt es Tag für Tag: Wo fange ich heute an zu wachsen?
Und seien Sie dabei versichert: Es geht heute erst einmal um heute - und ums Anfangen!

 

Falls es noch mehr Zuspruch braucht: Ich freue mich auf den Austausch Ihrer Ansichten und Gedanken dazu. Außerdem werde ich diesen Monat auf meinem LinkedIn-Kanal über verschiedene Impulse das Thema vertiefen. Folgen Sie mir gerne und teilen Sie Ihre Meinung.

Ihr Alexander Noß


Bildquelle: Foto von Wirestock auf Freepik

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