Transformationale Führung
Liebe Leserinnen und Leser,
„Behandle die Menschen so, als wären sie, was sie sein sollten, und du hilfst ihnen zu werden, was sie sein können“ (Johann Wolfgang von Goethe).
Mit dieser Aussage unterstreicht schon Goethe, dass Menschen sich verschieden begegnen und beeinflussen können. So wird auch Führung im Kontext von Arbeit als „bewusste und zielbezogene Einflussnahme auf Menschen“ (Rosenstiel, 2009) beschrieben. Wir möchten, dass Sie sich nun die Frage stellen, inwieweit Sie Einfluss auf Ihre Angestellten und Mitmenschen nehmen? Was macht für Sie erfolgreiches Führen aus? Was bewirkt Ihre Führung? Nehmen Sie sich einen Moment Zeit und denken Sie darüber nach.
Führung soll zum Erfolg des Unternehmens beitragen und das Unternehmen bei seiner Entwicklung unterstützen. Die Aufgabe der Führungskräfte besteht dabei unter anderem darin, ihre Mitarbeiter entsprechend anzuleiten und zu motivieren. So trägt die Zufriedenheit der Mitarbeiter einen wesentlichen Beitrag zum Führungserfolg bei. Eine sich stetig ändernde Umwelt bedarf heutzutage zudem immer flexiblere und dynamischere Führungsmodelle. Ein dabei hervorstechender und immer weiter verbreiteter Führungsstil ist die transformationale Führung. Was hinter diesem Ansatz steckt, welche Vor- und Nachteile er mit sich bringt und was das für Ihr Unternehmen konkret bedeuten könnte, ist Thema unseres diesmonatigen Blogposts.
Der Begriff „transformationale Führung“ geht auf den amerikanischen Politikwissenschaflter James MacGregor Burns zurück, der diese Art der Führung von der transaktionalen Führung abgrenzt. Transaktionale Führung beruht auf dem lerntheoretischen Prinzip der Verstärkung: Die Führungskraft kontrolliert sowohl den Weg, den die Mitarbeiter bei der Verfolgung ihrer Ziele einschlagen, als auch die Zielerreichung. Ist der Mitarbeiter erfolgreich, wird er belohnt, Zielverfehlung dagegen wird bestraft (Nerdinger, Blickle & Schaper, 2014). Transaktionale Führung ist eine noch immer weit verbreitete Form der Führung, da sie auf klaren und meist hierarchischen Strukturen beruht. Sie zeichnet sich dadurch aus, dass sie einfach etabliert und schnell umgesetzt werden. Der größte Nachteil dagegen besteht in der rein extrinsischen Motivation der Mitarbeiter. Mitarbeiter erbringen Ihre Leistung des Gehaltes wegen. Dies birgt die Gefahr einer hohen Fluktuation, wenn andere Arbeitgeber mehr Geld bieten. Auch die Innovationsbereitschaft der Mitarbeiter ist eher gering, wenn Ideen nicht gleich mit Belohnungen verbunden sind.
Diesem Ansatz entgegen steht die transformationale Führung. Hier wird der Fokus auf die intrinsische Motivation der Mitarbeiter gesetzt. Mitarbeiter werden intrinsisch motiviert und zur Veränderung (Transformation) ihres Verhaltens und ihrer Lern- und Leistungsbereitschaft inspiriert. Die Führungskraft gibt lediglich einen Rahmen vor, anstatt konkrete Anweisungen zu erteilen. So sind Beschäftigte in der Lage, eigenverantwortlich zu arbeiten. Statt direktiver Anreize, sorgt die Führungskraft für ein optimales, dynamisches Arbeitsumfeld und schafft dadurch Loyalität, Respekt und Vertrauen auf Seiten ihrer Angestellten.
Bernard Morris Bass weitete den Ansatz Burns aus und stellt vier Kriterien auf, die für eine erfolgreiche transformationale Führung erfüllt sein müssen:
1. Vorbildfunktion der Führungskraft: Als Führungskraft müssen Sie das Verhalten vorleben, das Sie von Ihren Mitarbeitern erwarten. Wenn Sie Ihren Mitarbeitern erreichbare Missionen und stimulierende Visionen vermitteln, fassen diese Vertrauen und eifern Ihnen nach.
2. Inspirierende Motivierung: Die transformationale Führung motiviert Mitarbeiter mit der Inspiration, die diese durch die Führungspersönlichkeit erhalten. Gemeinsame Visionen und Werte sind Grundvoraussetzung für das Entstehen von Inspiration und Motivation am Arbeitsplatz. Mit emotionalen Appellen steigern Sie bei Ihren Angestellten das Bewusstsein für die angestrebten Zielen.
3. Intellektuelle Stimulierung: Transformationale Führung will Teams zur Diskussion anregen. Unterstützen Sie Ihre Angestellten darin, die eigenen Werte, Überzeugungen und Erwartungen und auch die der gesamten Organisation in Frage zu stellen. So werden Veränderungsprozesse gestaltet, innovatives Denken gefördert und eine dynamische Entwicklungsstruktur geschaffen.Die einzelnen Dimensionen der transformationalen Führung zu vereinbaren und in der Praxis umzusetzen ist keine einfache Aufgabe. Aber berücksichtigt der Führende diese Aspekte, so werden Mitarbeiter zur Veränderung ihres eigenen Verhaltens befähigt und tragen so zur kontinuierlichen Verbesserung von Arbeitsprozessen und der Zusammenarbeit bei.
Transformationale Führung ist ein vielversprechender Weg im Umgang mit Mitarbeitern, allerdings sind auch hier einige Einschränkungen vonnöten, denen Sie sich bewusst sein sollten. Ein solches Führungsverhalten erfordert von der Führungskraft sehr hohe moralische und ethische Standards. Diese sollten entsprechend eingehalten werden, damit das Vertrauen auf Seiten der Angestellten bestehen bleibt. Wie Sie sich vorstellen können, ist das nicht immer einfach. Zudem wird durch die angestrebte Identifikation des Mitarbeiters mit dem Vorgesetzten auch die Abhängigkeit dieser von der Führungskraft erhöht. Zahlreiche Studien belegen dennoch hauptsächlich positive Aspekte des Führungsstils. So empfinden transformational geführte Mitarbeiter ihre Arbeit als wichtiger und haben den Eindruck, dass sie besser mit ihrem Selbstbild übereinstimmt (Bono & Judge, 2003). Zudem konnte gezeigt werden, dass transformationale Führung die Leistung der Mitarbeiter mehr fördert als transaktionale Führung und dieser Führungsstil großen Einfluss auf den Unternehmenserfolg ausübt (Judge und Piccolo, 2004).
Warum diese Form der Führung so einen Erfolg hat? Der Grund darin liegt vermutlich in den gesellschaftlichen und ökonomischen Entwicklungen der letzten Jahre. Der Markt verlangt zunehmend eine stärkere Kundenorientierung der Unternehmen. Adaption ist essenziell für das Überleben in einer ungewissen Umwelt, die täglich neue Herausforderung mit sich bringt. Genau darin liegt die Stärke dieses Führungsstils. Mitarbeiter müssen schnell und flexibel reagieren können und selbstständig die Interessen des Unternehmens vertreten (Nerdinger, 2011). Das können sie natürlich nur, wenn ihnen die dafür nötigen Kompetenzen übertragen werden. Je selbstständiger sie arbeiten sollen, desto hinderlicher ist ein Führungsverhalten, dass allein auf Kontrolle und Belohnung beruht.
Möglicherweise hat der Ansatz auch Ihr Interesse geweckt. Wenn Sie Ihren Führungsstil verändern möchten, dann braucht es dazu ein wenig Vorbereitung. Stellen Sie sich zunächst die Frage, ob der Grundgedanke des Ansatzes sich in den Werten Ihres Unternehmens widerspiegelt und zu Ihrer Unternehmenskultur passt. Ein Unternehmen oder große Abteilungen auf transformationale Führung umzustellen, ist ein lang andauernder Prozess, dessen sollten Sie sich bewusst sein. Die Psychologin Tracey Gibbons stellt folgende Faktoren auf, die ein transformational geführtes Unternehmen auf jeden Fall haben sollte:
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Eine starke Unternehmenskultur
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Hohe Anforderungen an die Qualität des Personals
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Schnelles Wachstum
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Die Fähigkeit aller, eine erwachsene und professionelle Einstellung zu haben
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Die Entwicklung der Mitarbeiter individuell fördern zu können
Einen Aspekt sollten Sie sich auf jeden Fall vor Augen führen:
Eine Transformation kommt nicht in einem Tag! Gerne unterstützen wir Sie auf Ihrem Weg und stehen Ihnen mit Rat und Tat zur Seite.
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Wir bedanken uns für Ihr Interesse und wünschen viel Erfolg bei der Erprobung von transformationaler Führung.
Rabea Seiler mit Prof. Dr. Daniel Keller für Keller Partner
Titelbild: Foto von fauxels auf Pexels